Damals im Jahre 1998 brachte der japanische Gamedesigner Hideo Kojima einen PS1-Titel raus, der die Welt der Videospiele für immer verändern sollte: Metal Gear Solid. Solid Snakes Abenteuer zog mit seiner, für damalige Verhältnisse, phänomenalen Grafik, einer packenden Geschichte und vor allem der hollywoodreifen Inszenierung Millionen von Spielern in seinen Bann. 10 Jahre später schleicht unser Held ein letztes Mal, doch das ist kein Grund zum Trauern, denn mit Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots hat man dem guten Snake einen Abschluss geschenkt, der seiner wahrhaftig würdig ist.
War has changed
Solid Snake hat’s nicht leicht: Als Produkt des „Les Enfants Terribles“-Klonungsexperiments altert er schneller als seine Mitmenschen und auch der FoxDie-Virus zeigt sich nicht unbemerkt. Snake hat voraussichtlich nur noch 6 Monate zu leben, doch wer denkt der legendäre Supersoldat macht es sich auf den Bahamas gemütlich und genießt seine verbleibende Zeit, der irrt, denn Erzfeind Liquid wurde im nahen Osten gesichtet, wo PMCs (Private Military Companies) gegen die dortige Miliz kämpfen. In den Kriegen der Zukunft kämpfen Soldaten nicht mehr für ihre Länder, ihren Glauben oder ihre Ideologien, sie kämpfen für den Profit. Krieg ist nun nichts mehr als ein Geschäft. Also liegt es ein weiteres Mal an Snake und seinem treuen Begleiter Hal Emmerich alias Otacon, Liquid ausfindig zu machen und seine üblen Machenschaften ein für alle mal zu stoppen.
Tactical Espionage Action
Beim eigentlichen Gameplay hat sich nicht viel verändert: ihr schleicht mit Snake durch die äußerst abwechslungsreichen Gebiete, schaltet feindliche Soldaten aus und versucht möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Ihr könnt euch zwar auch ein MG schnappen und damit wie ein Berserker durch die Gebiete stürmen, doch dabei entgeht euch ein großer Teil von dem, was den wahren Spaß von MGS ausmacht: das Schleichen. Die Ausdauerleiste aus MGS3: Snake Eater wurde durch die neue Psycheleiste ersetzt. Gerät der alte Snake unter Druck, weil z.B. Alarm ausgelöst wurde oder er in ein Feuergefecht verwickelt wurde, nimmt seine Psycheleiste ab und sein Stresslevel steigt. Dies hat zur Folge, dass Snake anfängt zu zittern, was euch das Zielen arg erschwert. Zum Wiederherstellen der Psyche genügt jedoch schon ein Blick in eines der beliebten Männermagazine. Auch wenn hier nicht zuviel über die unglaublich spannende Story verraten werden soll, sei gesagt, dass ihr recht früh im Spielverlauf auf einen Charakter namens Drebin trefft, dessen Bekanntschaft ihr schätzen solltet. Drebin ist ein Waffenhändler, der die ID-gesperrten Waffen der PMC-Soldaten „wäscht“, sodass ihr sie benutzen könnt. Findet ihr mehr von diesen gesperrten Waffen, erhaltet ihr Drebin-Punkte, die ihr gegen neue Schießprügel, Munition oder Waffen-Upgrades eintauschen könnt.
Alte Schlange, neue Tricks
Neben dem riesigen Waffenarsenal sind es vor allem die nützlichen Gadgets die Snake seine Jagd nach Liquid erleichtern. Allen voran wäre da Snakes neuer Octo-Camo Anzug, der - wenn liegend oder an eine Wand gepresst - sich dem Hintergrund anpasst und es somit den feindlichen Soldaten erschwert Snake zu erkennen. Desweiteren wären da das SolidEye, eine Hightech-Augenklappe, die nicht nur Informationen liefert, sondern auch Nachtsichtgerät und Fernglas vereint, sowie der Metal Gear Mk. II, ein kleiner ferngesteuerter Roboter, mithilfe derer ihr die Gegend erkunden könnt, ohne euch selbst in Gefahr zu bringen. Diese Gadgets sind auch bitter nötig, denn neben den üblichen Soldaten und Maschinen gibt es noch die „Beauty and the Beast“- Einheit, bestehend aus 4 Frauen in Kampfanzügen, die euch sicherlich noch ordentlich einheizen werden.
Oscarreif
Bei der Inszenierung hat Kojima an nichts gespart: Atemberaubende Zwischensequenzen, geniale Sprecher und Musik von Hollywoodkomponist Harry Gregson-Williams (Armageddon, Königreich der Himmel) sprechen für sich. Die Cutscenes mögen zwar für den ein oder anderen zu lang sein (90-Minütige Endsequenz!), doch wer sich darauf einlässt wird seinen Spaß haben, denn rasante Schnitte, eine actionreiche Inszenierung und beeindruckende Choreographien versprechen beste Unterhaltung (ganz davon abgesehen, dass die wahren MGS-Fans auch dem kleinsten Funkgespräch mit Spannung lauschen werden). Falls sich der ein oder andere jetzt fragt wie man es denn bei solch langen Storyschnipseln schaffen soll auf's Klo zu gehen: Keine Angst, man kann während der Cutscenes pausieren.
Die Animationen sind stets butterweich, die Charaktermodelle knackscharf und die Explosionen bombastisch, allerdings haben doch ein paar verwaschene Bodentexturen ihren Weg ins Spiel gefunden, was den sonst exzellenten Gesamteindruck etwas trübt. Nichtsdestotrotz bietet MGS4 eine mehr als gelungene Präsentation, die nicht nur einmal dafür sorgen wird, dass euch die Kinnlade runterklappt.
Vernetzte Schlangen
Neben dem Hauptspiel befindet sich auf der Disk noch das vollwertige Online-Game ‚Metal Gear Online’ und in dem tut man genau das, was man sich unter einem Multiplayer-Metal Gear vorstellt. Ihr bastelt euch kurzerhand euren eigenen PMC-Soldaten, rüstet ihn (mit anfangs noch recht schwachen Waffen) aus und klinkt euch in eines der zahlreichen Matches ein. An Modi gibt es neben dem Shooter Einheitsbrei wie Deathmatch, Capture the Flag und Team-Deathmatch noch einen Modus in dem ein Spieler Snake (samt OctoCamo-Anzug) spielt und versucht die Spieler aus Team Blau und Team Rot auszuschalten. Diese wiederum versuchen natürlich den getarnten Snake zu finden und zu erledigen - sehr spannend.
Natürlich gibt es auch die aus dem Hauptspiel bekannten Objekte wie Playboy-Heftchen und Pappkartons, die durchaus für die ein oder andere amüsante Situation oder auch nicht ganz so angenehme Überraschung sorgen kann. Eines ist klar: MGO macht Spaß, sogar sehr viel Spaß. Allerdings ist es auch zeitaufwendig, denn mittlerweile rennen schon zig Profispieler und Clans auf den Karten rum, die nur darauf warten einem Frischling die Rübe wegzublasen. Ob dieses einzigartige Onlineerlebnis es euch wert ist, sich erstmal ein paar Nächte hinzusetzen und die ganzen Kniffe und Verstecke kennen zu lernen, bleibt natürlich euch überlassen, aber die, die diese kleine Herausforderung auf sich nehmen werden mit sehr spannenden und kommunikativen Online-Scharmützeln belohnt.
Fazit
Wow! Hideo Kojima hat es wirklich geschafft alle Handlungsstränge der alten Teile sinnvoll zu verknüpfen und so ein furioses Finale geschaffen, das seinesgleichen sucht. Selten wurde eine so emotionale und unheimlich komplexe Geschichte so schön verpackt. Wer dieses Meisterwerk noch nicht erlebt hat, sollte sich spätestens jetzt eine Woche frei nehmen und zusehen, dass er in den Genuss von Metal Gear Solid 4 kommt. Es lohnt sich!
Anmerkung
Wer vorher noch keinen Teil der Metal Gear-Saga gespielt hat und an MGS4 interessiert ist, der sollte das dringend nachholen oder sich zumindest gründlich darüber informieren, was in den alten Spielen geschah, denn sonst werdet ihr MGS4 nicht richtig oder nur kaum verstehen können.
verfasst am 14.07.2008 von
Dude