Innerhalb von zwölf Episoden, die eigentlich aus einem einzigen gefrorenen Moment bestehen, muss Juri Yukawa plötzlich zu ihrer inneren Stärke finden und ihre Familie retten. Doch sehen wir uns zuerst Juri Yukawa genauer an. Die 22-jährige stammt aus einer mittelständig situierten Familie, in der fast alle einen Teil zum Leben beitragen - abgesehen von ihrem älteren Bruder und dem Vater. Der Großvater ist schon lang in Rente, doch er mimt manchmal das Familienoberhaupt. Die ältere Schwester arbeitet in einem Supermarkt und die ganze Familie kümmert sich um den kleinen Makoto. Juri hat nach dem Studium Probleme einen Job in der Stadt zu finden und überlegt, ob sie ihre Zelte hier abbrechen sollte. Für sie fühlt es sich an, als wäre sie in einer Schleife gefangen. Irgendwie bemerkt jeder, dass sie Gefangene dieser Gegenwart sind und möchten zumindest Makoto eine andere Zukunft ermöglichen.
Der erste Moment: Juri und ihr Bruder Tsubasa geraten aneinander, da er ein Taugenichts ist und sie sich um alles kümmern muss. Deshalb schickt sie ihn nach einer langen Diskussion zum Kindergarten, um Makoto abzuholen. Dies markiert den Augenblick, der alles verändert. Makoto und Tsubasa werden entführt und sie haben 30 Minuten Zeit, um den Entführern das Lösegeld zu bringen. Die Zeit ist knapp und der Großvater offenbart sowohl seinem nichtsnutzigen Sohn als auch seiner Enkeltochter das Familiengeheimnis: Ein Stein, der die Nutzer nach einem Ritual in die Stasis befördert. Im Grunde scheint ab hier alles klar. Familie zieht los, um die Anderen zu retten, es gibt einen Kampf und Dank der Stasis können sie alle ihr Leben auf die Reihe bringen. Falsch. Die Entführung von Makoto und Tsubasa war nur eine Finte, denn in Wirklichkeit steckt ein Orden namens "Gesellschaft der wirklich wahren Liebe" (GWWL) dahinter, die den Stein ihr Eigen nennen möchte.
Ab hier Spoiler!
Die Stasis besteht aus zwei Typen von Menschen: "Die Stillen", die wie eingefroren sind und Menschen, die sich bewegen können, da ein Tamawani von ihnen Besitz ergriffen hat. Die Tamawani sehen aus wie Quallen und verankern sich in den Körpern der Menschen. Seit Generationen werden die Tamawani vom Blut der Yukawas angezogen, weshalb sie für das Wandeln in der Stasis prädestiniert sind. Doch die Stasis ist kein gesetzesfreier Raum, denn sie wird von Zeitenwandlern bewacht, die die Stillen beschützen. Wer Mordgedanken gegen einen wehrlosen Stillen hegt, beschwört einen Zeitenwandler, welcher den Angreifer tötet. Der Ordensführer der GWWL, Junji Sagawa, möchte alle Geheimnisse der Stasis erfahren und mit Hilfe des Zeitsteins eine bessere Welt erschaffen. Doch in Wirklichkeit geht es ihm noch um etwas anderes und zwischen der Familie Yukawa und der Sekte kommt es zu einem erbitterten Kampf, in welchem nicht immer ganz klar ist, wer auf welcher Seite steht.
Animation
Der Anime ist eine Mischung aus 2D-Animation und CGI, wobei klar wird, dass das Studio Geno wirklich Ahnung davon hat. Alles läuft flüssig und ist nett anzusehen. Interessant ist auch, dass hauptsächlich die "stillen" Momente als CGI zu sehen sind, was das ganze verblüffend statisch wirken lässt. Das auffälligste Merkmal dieses Anime ist die unterschiedliche Darstellung von Frauen, Kindern und Männern. Während die Frauen sehr feminin und wie die Kinder niedlich wirken, variiert das Aussehen der Männer, die entweder unansehnlich wirken oder ein Tätergesicht haben. Dies macht die Charakterisierung der Personen zu Anfang schwierig, da viele wie Verbrecher wirken, aber eigentlich einen guten Kern haben.
Musik und Synchronisation
Überraschend war für mich das Opening namens Flashback von MIYAVI vs KenKen, das sehr gut zum Anime passt. Es war für mich über mehrere Tage hinweg ein Ohrwurm. Die restlichen musikalischen Sequenzen sind ebenfalls passend zu den jeweiligen Szenen, halten sich aber eher im Hintergrund. Im Vergleich zwischen japanischer und deutscher Tonspur hat sich für mich eine große Überraschung gezeigt: Die Originalstimmen und deutschen Synchronsprecher passen sehr gut zueinander.
Fazit
Im ersten Teil des Anime wird die Funktionsweise der Stasis ein wenig erläutert und man erfährt viel über die Gefahren und Regeln. Allerdings bleiben viele Fragen offen, vor allem was das Ende betrifft. In der Stasis gibt es dank der Tamawani Manifestierungen, deren Kraft wir Menschen als Magie bezeichnen würden. Diese Magie beeinflusst den Verlauf der Geschichte maßgeblich. Die Charaktere sind durchweg realistisch dargestellt, was den Anime zum einen Teil brutal und auch düster wirken lässt. Die verschiedenen Personen demonstrieren anschaulich, das der Selbsterhaltungstrieb oftmals größer ist als das einstige Ziel, was einige Charaktere sehr ambivalent und undurchschaubar wirken lässt. Juri als Hauptcharakter der Geschichte, zeigt die reinsten Charakterzüge und ist voller Nächstenliebe. Die Geschichte schreitet in unterschiedlichen Tempi voran, die von Episode zu Episode variieren und dadurch Platz für stille Momente macht, in welchen vieles aber nicht alles erklärt wird. Die Spannungskurve verhält sich in diesem Anime wie in einem literarischen Text: Wir lernen die Charaktere kennen, es kommt zum Höhepunkt und in der vorletzten Episode zur Peripetie. Das retardierende Moment gibt es ebenfalls, denn in der letzten Episode geht es nur um Juri, doch die Katastrophe bleibt aus. Mir hat der Anime sehr gut gefallen, auch wenn er am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig war. Zunächst muss man sich auf die unterschiedlichen Erzähltempi einstellen und sich natürlich auf die Stasis einlassen. Ist dies geschafft, sieht man einen Anime, in dem es um Selbsterhaltung und Selbsterkenntnis geht, der mit einer außergewöhnlichen Welt aufwartet. Das Ende wird allerdings nicht jedem*r Zuschauer*in schmecken. Mir hat es jedoch gefallen und mich auch durchaus überrascht. Fans vom Zeitreise-Genre kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten und müssen sich wegen einiger Cliffhanger von Episode zu Episode hangeln.